Das Würfelspiel von Wachenroth Als 1553 der wilde Marktgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Bayreuth in Bamberg einfiel, hatten auch viele Dörfer im Umkreis arg zu leiden. Eines Tages streifte eine zügellose Schar seiner Leute durch den Ebrachgrund und kam auch nach Wachenroth. Der Anführer lies sich mit dem Trommler und einer handvoll seiner Leute im Hof des Pfarrhauses auf der Bank unter der Linde nieder und befahl Bier, Schnaps und Schinken zu bringen. Die übrigen seiner Horde schwärmten durch das Dorf, um die fettesten Ochsen aus den Ställen zu holen. Einer der Bauern von Wachenroth war ein Hitzkopf. Als er sah, wie einer dieser fremden Männer das beste Roß aus seinem Stall zog und durchs Tor entführen wollte, riß er wutentbrannt den Dreschflegen vom Balken und schlug auf den Mann ein. Blutüberströmt brach er zusammen. Jedoch dem Bauern geschah sofort das gleiche, da die anderen Raubknechte ihren Gesellen rächten. Sogleich erhob sich überall goßer Tumult, schreiend liefen die Soldaten zu ihrem Anführer im Pfarrhof. Eben war dieser fertig mit dem Essen und stellte den Würfelbecher auf die große Trommel. Da kamen seine Leute gerannt und berichteten ihm von dem Vorfall. Ein breites Lachen verzog sein Gesicht, als er rief: "Schwarzrock, komm her, jetzt mußt du einen Schicksalswurf wagen. Deine Leute haben einen markgräflichen Kriegsmann getötet. Eine solche Untat ist nicht billig. Mit den drei Würfeln hier tust du einen Wurf, und für jedes Auge, das der Wurf ergibt, stellt mir das Dorf einen Mann als Geisel zur Verfügung oder es gibt mir für jeden Mann 1000 Goldgulden zum Loskauf." Der Trommler schob dem erschrockenen Pfarrer die große Trommel hin und der Anführer drückte ihm den Würfelbecher in die Hand. Es waren aber gefälschte Würfel, die so beschaffen waren, dass immer eine Seite mit der Augenzahl sechs nach oben fiel. Der Pfarrer merkte, was da gespielt wurde und erklärte, dass er auch bei richtigen Würfeln nicht um Menschen würfeln würde. Der Anführer drohte, das ganze Dorf in Flammen aufgehen zu lassen und sämtliche Bauern fortzuführen, wenn er nicht würfelte. So blieb kein Ausweg. Die Soldaten drängten sich lachend und schwätzend heran und umstanden die Trommel. Sie kannten die Falschwürfel ihres Anführers und rechneten damit, 18 bauern oder 18.000 Goldgulden zu erhalten. "Hilf, Himmel!" schrie der Pfarrer in seiner Not. Seine Hände zitterten, er schloß die Augen, als er die drei Würfel aus dem Bechernauf das Kalbsfell der Trommel niederfallen ließ. Plötzlich war unheimliche Stille ringsum. Der Geistliche wagte nicht, die Augen zu öffnen. Wieviele seiner Dorfleute wurden wohl fortgeführt? Warum schwiegen die Feinde? Die Augen der Söldner starrten auf die drei Würfel und die Gesichter erblassten. Langsam wichen sie furchtsam zurück. Ihr Anführer aber rief: "Teufel, das ist Betrug und Zauberei!" Da endlich öffnete der Pfarrer zögernd die Augen. Sein Herzschlag stockte, vor ihm auf dem Trommelfell lagen die drei steinernen Würfel und alle zeigten eine leere Seite nach oben. Er sank in die Knie und rief laut: "Dem Herrn sei Dank und Preis in alle Ewigkeit!" Furcht hatte sich unterdessen der Soldaten bemächtigt. Hier ging es nicht mit rechten Dingen zu. Der Anführer wischte sich den Schweiß von der Stirne und stieß mit dem Fuß so heftig nach der Trommel, dass die Würfel zur Erde fielen und auseinanderrollten. Dem Trommel befahl er: "Gib das Zeichen zum Aufsitzen!" Geschwind verschwand er mit seinen Leuten. Nachbarskinder suchten später die Würfel im Hof. Aber sie fanden nur drei ganz gewöhnliche Falschspielwürfel, von denen jede Seite Augen trug. Quellennachweis: Der Landkreis Höchstadt a.d. Aisch, Seite 216/217